Gestatten: Schreinermeister und Filmvorführer

Klingt kurios, ist aber so: Manchmal ist es besser, wenn sich großartige Pläne mal nicht verwirklichen lassen. So geschehen in Losheim am See vor zig Jahren. Die Familie Heinz, Inhaber nicht nur der örtlichen Schreinerei in Losheim am See, sondern auch von einem veritablen Möbelgeschäft in der Haupteinkaufsstraße, spielte mit dem Gedanken, die Ladenfläche dort zu erweitern. Ein grundsätzlich guter Gedanke seinerzeit. Für die Verwirklichung dieses Plans hätte das benachbarte Kino im gleichen Gebäude weichen müssen. Zwar ist die gesamte Immobilie da schon im Besitz der Familie Heinz, zur Schließung des Kinos und zum größeren Möbelladen ist es dann aber doch nicht gekommen. Gut so, möchte man aus heutiger Sicht sagen.

Denn das Kino in Losheim am See lebt auch in Zeiten von Streaming, DVD und anderen digitalen Möglichkeiten noch immer. Und wie – und Dank der gemeinnützigen Filmfreunde Losheim, einem gemeinnützigen eingetragenen Verein mit mittlerweile 130 Mitgliedern. Innenarchitekt Michael Heinz, Mitgeschäftsführer der Aloys Heinz GmbH und Mitinhaber der Immobilie, in der die „Lichtspiele Losheim“ beheimatet sind, ist Gründungsmitglied und Vorstand des prosperierenden Vereins. Und nicht nur das: Der 61-jährige Geschäftsmann ist ehrenamtlicher Filmvorführer – und stolz darauf.

Immer wieder freitags nach Feierabend sperrt er das Kino und den Vorführraum auf – und zeigt einen „besonderen Film“. Also meist keine Blockbuster, sondern eher kleine Filme mit Anspruch, wie sie in den Städten in den sogenannten Arthouse-Kinos gezeigt werden. Aber nicht nur das: Im schmucken Programmkino mit seinen 130 bequemen Plätzen gibt es für drei Euro Eintritt regelmäßig Seniorenkino, inklusive Kaffee und Kuchen. Auch die Reihe „Kirche im Kino“ erfreut sich großer Beliebtheit – ebenso wie das Kreiskinderkino.

Die großzügigen Räumlichkeiten können übrigens auch von externen Veranstaltern gemietet werden. Damit bemüht sich der Verein um ein zweites Standbein. Unter dem Label „Kultur im Kino“ sind bereits ein Bigband- Konzert, ein Irish-Folk-Abend und eine Lesung projektiert.

Kürzlich haben übrigens tausend Kinder die Kreiskinowoche in Losheim am See besucht. Das macht Mut zum Weitermachen, zumal der Kinosaal immer häufiger auch für private Feiern gebucht wird. Wie Michael Heinz erzählt, kann es aber auch schon mal passieren, dass zu einer Filmvorführung nur drei Besucher erscheinen. Und dann? „Wir schicken niemanden nach Hause und zeigen auch dann den Film, wenn nur ein Kinofreund den Weg zu uns gefunden hat.“ Das ist bewundernswert und würdig, um auch in der Provinz weiterhin große Filmkunst anbieten zu können. Der Verein und die Familie Heinz machen es möglich, denn die Räumlichkeiten werden dem Verein offenbar zu einem symbolischen Preis zur Verfügung gestellt. Ein genauer Mietpreis ist nicht zu erfahren…

Aber Anderes. Zum Beispiel, dass durch das endgültige Ende des Merziger Kinos mehr Besucher in die Lichtspiele Losheim kommen. Oder, dass das Euro-Leader-Programm der Bundesregierung auch in Losheim am See zu willkommenen Fördergeldern geführt hat oder dass die Gemeinde Losheim am See den Kinobetrieb subventioniert, weil dem Gemeinderat die kulturelle Vielfalt im Ort viel Wert ist.

Auch ist zu erfahren, dass seit der Vereinsgründung vor acht Jahren insgesamt gut 30.000 Euro in neue Technik und Erhaltungsmaßnahmen investiert werden konnten. So kommt es, dass das kleine Provinzkino im beschaulichen Losheim am See über die neueste Digitaltechnik auf Großstadtniveau verfügt. Das ist nicht zuletzt auch der Verdienst von Roman Brill, seines Zeichens „Technischer Leiter“ und „Freak“ im Verein der Filmfreunde Losheim. Soll heißen, der 64-Jährige ist maßgeblich für die Umstellung von analoger auf digitale Filmvorführtechnik verantwortlich. Denn auch in Losheim am See müssen längst keine schweren Filmrollen in laut knatternde Projektoren gewuchtet und nach jedem Akt pünktlich ausgetauscht werden, damit das Publikum nicht im Dunkeln sitzt. „Hier gibt es längst keine Geräusche von Filmprojektoren mehr, wir setzen ganz auf professionelle Blue-Ray-Technik und eine 7.0-Anlage für den digitalen Dolby-Ton“, sagt Roman Brill nicht ohne Stolz. Soll heißen, Filme im Kino vorführen ist heute beinahe so einfach, wie bei einer Heimkino-Session. Aber eben nur beinahe.

Denn das Organisieren der Filmrechte für ein Kino bei den Verleihfirmen ist nicht so einfach, wie es vielleicht erscheinen mag. „Wir erwerben für jeden von uns gezeigten Film die Rechte für einen bestimmten Zeitraum und müssen zudem mit dem Verleih die Umsatzprovision abrechnen. Das kostet uns auch eine Menge Zeit“, sagt Astrid Härtel, die erste Vorsitzende des Vereins – und lobt den „Technik-Freak“ ihres Vereins, der auch für dieZusammenstellung der Trailer und die Filmorganisation zuständig ist. Besonders stolz ist man im Verein übrigens darauf, dass man den neuen „Räuber Hotzenplotz“ vor Weihnachten und schon vor dem offiziellen Kinostart zeigen konnte. Beharrlichkeit lohnt sich eben. Übrigens nur wegen des kontinuierlichen Engagements der „Aloys Heinz GmbH – Möbelschreinerei und Innenausbau“ seit jetzt 117 Jahren ist das ambitionierte Kinoprojekt in Losheim am See überhaupt möglich. Denn ohne den Immobilienbesitz des Kinos und das Engagement des entspannten 61-jährigen Juniorchefs im Verein und vor Ort im Kinosaal gäbe es die „Lichtspiele Losheim“ schon lange nicht mehr. Und, nicht zu vergessen, weil sein Vater Magnus dem Sohn immer wieder in der Schreinerei den Rücken freihält. Trotz oder wegen seiner 89 Jahre? Das bleibt ein großes Drehbuchgeheimnis…

Mehr Infos und Kontakt:

Filmfreunde Losheim e. V., 1. Vorsitzende Astrid Härtel

Lichtspiele Losheim, Saarbrücker Straße 16, 66679 Losheim am See

E-Mail: info(at)lichtspiele-losheim.de

Internet: www.lichtspiele-losheim.de

Aloys Heinz GmbH, Möbelschreinerei und Innenausbau

Geschäftsführer Magnus Heinz, Michael Heinz

Weiskirchener Straße 40, 66679 Losheim am See

Telefon: 06872-2347

E-Mail: aloys-heinz-gmbh(at)t-online.de

Internet: www.aloys-heinz.de